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MUTUS LIBER

DER KÜNSTLER

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APHORISMEN ZUR KUNST

© josef enz

 

 

1.

Was ist ein Kunstwerk, wenn man es nur zu verstehen braucht.

 

 

2.

Utopie: der vom Kunstwollen gereinigte Kunstmarkt.

 

 

3.

Kunst erst dann, wenn in den Gängen des Unbewußten das Licht angeht.

 

 

4.

Die Entrückung des Künstlers als apriori der Kunst – aber erst nach seiner Korruption durch die Wirklichkeit.

 

 

5.

Melancholische Kunst kann das Leben spürbar erleichtern.

 

 

6.

Die Kunst ist ein Seismograph, der die Welt nicht zu erschüttern vermag.

 

 

7.

Tröstlich: kein Mensch stirbt aus.

 

 

8.

Besinnungsloser Fortschritt bringt uns der Wirklichkeit näher.

 

 

9.

Menschen ragen über ihre Abbildungen unschön hinaus.

 

 

10.

Wenn der Tod sich mit dem Leben vereint, kann das ewig dauern.

 

 

11.

Der Mensch scheitert an den Bedingungen seiner Möglichkeit.

 

 

12.

Um sich in die Geheimnisse des Nichts einweihen zu lassen, genügt ein abgetragener metaphysischer Anzug.

 

 

13.

Das Leben ist am Mittelmaß orientiert, der Tod an der endgültigen Abmessung.

 

 

14.

Die Erfahrung lehrt uns, dass man mit Kunst schlecht und ohne Kunst gut leben kann.

 

 

15.

Es ist das Göttliche im Menschen, das seinen Schatten einschwärzt.

 

 

16.

Der Mensch ist ein Totschläger, der sich zu den menschenfreundlichsten Gedanken hochentwickelt hat.

 

 

17.

Das Leben ist eine Sprache, der Tod die Übersetzung.

 

 

18.

Ein Aphorismus, dem man nicht erst den Balg abziehen muß.

 

 

19.

Kunst ist die Öffnung, aus der die zähflüssige Wirklichkeit abfließen kann.

 

20.

Eingeschrieben in den Menschen ist das Kunstwerk, das er hervorbringen könnte.

 

21.

Der Mensch selbst ist ein Kunstwerk, dessen unbedenklicher Genuss gefährlich ist.

 

22.

Kunst ist ein erprobtes Verfahren, Metaphysik auf die Erde zu bringen und verkäuflich zu machen.

 

 

23.

Kunst ist im besten Fall das verlorene Schaf, das mit zwei neugeborenen Lämmern wiedergefunden wird.

 

 

24.

In der Kunst kann der Mensch sein Bestes geben, auch wenn er es nie besessen hat.

 

 

25.

Die Kunst wird nicht besser durch das, was sie besonders gut kann.

 

 

26.

Während der Künstler interessant und wichtig sein will, tendiert die Kunst dazu, uninteressant zu werden, zu vergilben und vergessen zu werden.

 

 

27.

Kunst ist das metaphysische Nadelöhr,
durch das der Mensch einen Blick werfen kann.

 

 

28.

Der grausame Schatten der schlechten Kunst ist die gute.

 

 

28.

Kunst ist ein spiegel des Menschen: seitenverkehrt, schonungslos und selten von guter Qualität.

 

 

30.

Kunst ist ein infinitesimales Kriechtier, das sein Ziel doch nie erreicht.

 

 

31.

Wenn alles Kunst ist, muss sie nicht mehr eingebildet werden.

 

 

32.

Die metaphysische spur der Kunst verliert sich in ihrer Herstellbarkeit.

 

 

33.

Das unübertroffene Verjüngungsmittel der Kunst ist die mittelalterliche subtilitas.

 

 

34.

Wenn sich die Kunst besinnt, fängt sie wieder ganz von vorne an.

 

 

35.

Die ursprüngliche Kunst ist von der Ursünde des Zitats noch befreit.

 

 

36.

Die beste aller Welten ist ein Kunstwerk, das der Mensch noch besser hinkriegen möchte.

 

 

37.

Der Blitz, der den Künstler erschlägt, hält das Kunstwerk am Leben.

 

 

38.

Wenn die Kunst zu ende kommt, stürzt sie in den Urgrund ihres Anfangs.